Michael Lühmann: Rede zu AfD und rechtsextremen Kampfsportlern

Rede TOP 11: Keine staatliche Förderung von Antifa-Gewalt-Kampfsportvereinen (Antrag AfD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehrt geehrte Damen und Herren,

Und schon wieder ein Antrag der AfD-Fraktion, den man wegen Gegenstandslosigkeit – ich verweise auf die Antwort der Landesregierung – umgehend ablehnen kann, ohne viele Worte darüber zu verlieren. Und doch ist es auch in diesem Fall notwendig, diesen Antrag zu kontextualisieren – steht er doch in einer Reihe von AfD-Anfragen in Bund & Ländern, die selbst den DOSB und die dt. Sportjugend wegen ihrer Positionierung gegen rechts angreift. Einordnen muss man zum einen die falsche Balance. Zum anderen die Wirkung solcher Anfragen und die Kreise, in denen sie entstehen und rezipiert werden.

Kommen wir zunächst zur faschen Balance. Vor zwei Wochen griffen Nazis bei einem illegalen Rechtsrock-konzert in Neumünster Polizist:innen brutal an. Wenige Tage später teilt die Bundesanwaltschaft mit, dass sie ein Verfahren eröffnen wird gegen die Gruppe Knockout 51. Rechtsextreme Kampfsportler mit Verbindungen zur rechtsterroristischen Atomwaffendivision, die u.a. zielgerichtet Jagd auf Polizist:innen machten. Eric, Leon, Bastian und Max. Vornamen brauchen Sie also nicht mehr abfragen.

Ich habe beides verurteilt, von der AfD habe ich nichts dazu gehört. Und nun greifen sie hier vollkommen haltlos einen Wissenschaftler an, das haben sie bei mir ja auch schon erfolglos versucht, der seit Jahren auf dieses Thema hinweist. Der immer wieder aufzeigt, wie eng verwoben rechtsextreme Kampfsportler mit extrem rechten Parteien sind, wie rechte Kampfsportler bei rechten Aufmärschen brutal den Weg freiräumen. Auch bei Aufmärschen, an denen sich die AfD beteiligte, etwa in Chemnitz 2018. Dass Ihnen dieser Autor ein Dorn im Auge ist, geschenkt. Dass sie allerdings die parlamentarischen Gremien für Ihren vollkommen einseitigen und auf Diffamierung zielenden Antrag nutzen, das weise ich hier entschieden zurück.

Damit aber komme ich zu einem Eindruck, den ich gern hier teilen möchte und von dem ich erwarte, dass sie diesen komplett zerstreuen. Die  -inhaltlich vielfach falsche - Anfrage, auf der der Antrag basiert, ist ja nicht nur hier im Landtag gestellt worden, sondern ganz ähnlich auch im Bundestag, aus dem Büro des AfD-MdB Jan Wenzel Schmidt, der laut einer Recherche der Welt - Stand September 2022 - einen mehrfach vorbestraften rechtsextremen Gewalttäter beschäftigte, der dem Verfassungsschutz als führender Funktionär der als gesichert rechtsextremen Identitären Bewegung bekannt ist.

Warum ist das von Belang? Nun, weil wenige Tage nach der Antwort der Landesregierung auf Ihre Anfrage eine „Recherche“ beim identitären Kampagennetzwerk EinProzent (auch diese werden vom VS als gesichert rechtsextrem beobachtet) erschienen ist, am gleichen Tag äußerte sich auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Schmidt zum Thema. Bei EinProzent wird der Wissenschaftler dann auch mit vollem Namen markiert. Markierungen, die, ich erinnere an den Mord an Walter Lübcke, für die Betreffenden extrem gefährlich sind.

Eine AfD-Anfrage, die in einem rechtsextremen Blog weitgehend wortgleich verarbeitet wird? Sie müssen zugeben, von außen betrachtet ist das mindestens irritierend. Noch irritierender wird es, wenn man das Recherchergebnis von EinProzent dann liest. Ich zitiere widerwillig „Wie unsere Redaktion in Erfahrung bringen konnte, soll er juristische Schritte gegen die Veröffentlichung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) im niedersächsischen Landtag eingeleitet haben.“ Nur woher weiß ein rechtsextremes Medium von einer möglichen anwaltlichen Prüfung, die nur im parlamentarischen Raum bekannt war?

Ich kann es nicht beantworten, verweise aber nochmal auf den Eindruck, dass hier via Anfrage und Antrag die rechtsextreme Szene thematisch und inhaltlich bis ins Plenum hineinzuragen scheint. In Zeiten rechter Angriffe auf die Demokratie wäre dies ein Affront und ein Tabubruch zugleich, der mich und sicher alle demokratischen Fraktionen hier, einigermaßen erschüttert zurücklässt.

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