Michael Lühmann: Rede zu Polizeibeauftragten (Antrag CDU)

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TOP 19 – Rede Antrag (CDU) „Polizei den Rücken stärken - ideologiegetriebene Misstrauenskultur beenden - Niedersachsen braucht keinen Polizeibeauftragten“

- Es gilt das gesprochene Wort -

Wir machen weiter, womit Herr Lechner den Tag begann. Statt eigenständige Ideen vorzulegen, arbeiten Sie sich an Rot-Grün ab, sprachgewaltig und bildstark, aber jenseits des Bombast leider auch vollkommen platt und inhaltsleer. Statt zu sagen, was Sie wollen, sagen Sie, was Sie nicht wollen. Da rückt man zusammen, da wärmt man sich am ideologischen Lagerfeuer, klopft sich auf die Schulter, Veränderung bekämpfen, da sind Konservative ganz bei sich.

Und deshalb widmen Sie sich in Ermangelung eigener innenpolitischer Ideen Seite 93 des rot-grünen Koalitionsvertrages. Wo die innenpolitische Kompetenzvermutung gegenüber der CDU herrührt, es bleibt mir ein Rätsel und es lässt sich auch anhand dieses Antrags nicht auflösen.

Wir sollen auf die Einrichtung einer Bürgerbeauftragten verzichten, allein deshalb, weil die CDU sich ganz fest einredet, eine auch für Polizei zuständige Beauftragte sei ein Zeichen ideologiegetriebener Misstrauenskultur. Einer Misstrauenskultur - und da hätte (Stichwort Digitalkompetenz) eine simple Suchanfrage in diesem Internet geholfen - die es in Rheinland-Pfalz bereits seit 1974 gibt! Eingeführt unter dem rot-grünen Ideologen Helmut Kohl.

Und aus Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg, da hilft vielleicht mal ein Anruf bei den Kolleg:innen, wenn Friedrich Merz schon nicht anruft, hätten Sie sich mal erklären lassen können, was der Wert solcher Beauftragter ist: Sie fungieren als Lotsen, als Moderator:innen, als Dolmetscher:innen. Ausdrückliche Aufgabe dabei ist, das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Polizei zu stärken. Und das ist auch das ausdrückliche Ziel hier in Niedersachsen und Kern unserer innenpolitischen Agenda: Alles zu tun, was das sehr hohe Vertrauen in Polizei noch weiter stärkt.

Lassen Sie mich kurz grundsätzlich werden: Die ständige Behauptung eines Misstrauensvotums gegenüber der Polizei. Kennzeichnungspflicht? Misstrauen! Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Verfassungsschutzgesetz: Misstrauen! Polizeibeauftragte? Misstrauen! Schön, wenn die Welt so einfach ist. Dabei ist Misstrauen konstitutiv für eine Demokratie. Legitimität staatlichen Handelns ergibt sich ja gerade aus der Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit von Regeln und Verfahren. Aber niemand muss dem Staat und staatlichem Handeln vertrauen. Deshalb ist im Sinne der Vertrauensstärkung Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit exekutives Handeln zentral für die Akzeptanz von Regeln und Verfahren. Hier setzt eine solche Beauftragte ja gerade an.

Und ehrlicherweise, liebe CDU, so viele Salven des Misstrauens gegenüber polizeilichem Handeln, wie ich in den letzten zweieinhalb Jahren von Ihnen im Innenausschuss und hier im Plenum erlebt habe, Chapeau!

Beim Einsatz hier am Landtag, Unterrichtung, Aktenvorlagebegehren, das ganze Besteck der Kontrolle.  Oder die Kommentierung polizeilichen Handelns bei Demos in Hannover von Sofa-Juristen ihrer Partei. Und es war Ihre parlamentarische Geschäftsführerin, die, statt im Rahmen einer Unterrichtung im Innenausschuss zu zwei Polizist:innen in Hannover Fragen zu stellen, den Ausschuss verließ und gegenüber der Presse direkt „von einem weiteren Schatten auf die Sicherheitsbehörden in Niedersachsen.“ Das ist Misstrauen in Reinkultur, das spottet jedem Vorwurf, den Sie uns hier machen.

Liebe Kolleg:innen, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Parlamentarische Kontrolle ist uns Grünen ein hohes Gut und Sie können sich drauf verlassen, dass wir hier auch für die Bürger:innen und Polizist:innen mit der Einrichtung einer Bürger- und Polizeibeauftragten eine niedrigschwellige Möglichkeit schaffen werden, die dazu beitragen wird, das Vertrauen in staatliches Handeln zu stärken. Das ist im Interesse auch unserer Polizei und stärkt am Ende in Zeiten wie diesen auch unsere Demokratie. Geben Sie sich einen Ruck, wagen Sie mehr Helmut Kohl, herzlichen Dank!

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