Michael Lühmann: Rede zum Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes

© Plenar TV

Rede TOP 8: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (GE CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg:innen,

was wir heute hier diskutieren, den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, hat ja einen längeren Vorlauf und eine sehr wertvolle Debatte im Rahmen der Anhörung zur Folge gehabt. Was hier unter Paragraph 69 als neu einzufügender Absatz 10 ins Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Aufnahme finden soll, ist ja vor allem – und so wurde es im Ausschuss auch umfassend diskutiert – eine Wegtragegebühr für Klimaaktivisti im Rahmen von Aktionen der Letzten Generation.

Ich kann dem Ansatz der Union insofern folgen, als dass die Gebührenerhebung bei Anwendung unmittelbaren Zwangs einer Reglung im NPOG bedarf, ich glaube, das ist ein klares Ergebnis der Anhörung gewesen. Gleichwohl, nur weil man eine Gebühr erheben kann und das entsprechend nicht nur in der Allgemeinen Gebühren-verordnung, sondern auch im Gesetz geregelt werden sollte, heißt das eben nicht, dass man das auch zwangsläufig so tun muss. Also dass es eine zwingende Notwendigkeit gäbe, einen Gebührentatbestand zu regeln, nur weil es gerade politisch opportun ist und der Landesrechnungshof eine vermeintliche Steilvorlage hierfür geliefert hat.

Kommen wir also zur Abwägung und da möchte ich vorweg noch ganz wertfrei feststellen, dass die CDU dieses Gesetz auf dem Höhepunkt der Bauernproteste, die ja auch mit massiven Blockaden einhergingen, nicht ins Plenum eingebracht hat. Dafür wird es Gründe geben.

Ich will aber auf zwei Punkte zu sprechen kommen, die für mich vor einem solchen Weg liegen. Da ist zum ersten die Wirkung auf die Versammlungsfreiheit und auf die sich versammelnden Personen. Und wie wir in der Anhörung eben auch feststellen konnten, kann die drohende Erhebung von Gebühren Auswirkungen auf eine Versammlungsteilnahme haben. Mehrere Anzuhörende haben ja darauf hingewiesen, dass das Bundes-verfassungsgericht hinsichtlich Gebührenerhebungen ausgeführt hat, dass von diesen Gebühren keine Auswirkungen ausgehen dürfen, die davon abhalten könnten an einer Versammlung teilzunehmen. Und dass sog. Klimakleber sich auf das Versammlungsrecht berufen können, auch das war Thema der Anhörung, davon ist regelhaft auszugehen, weil das Bundesverfassungsgericht sehr eng definiert, wann eine Versammlung unfriedlich ist und dass hiervon bei Klimaaktivisti, die sich auf Straßen kleben, trotz aller rechtlicher Implikationen, erstmal nicht auszugehen ist. Bei Landwirt:innen gehen wir davon ja zunächst auch erstmal nicht aus. Insofern fällt für uns als Grüne die Frage von Erziehung und Lenkung durch Gebühren vs. negativen Auswirkungen auf die Versammlungsfreiheit klar zu Gunsten der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Grundgesetz aus.

Blieben noch die praktischen Abwägungen. Mehrfach ist darauf hingewiesen worden, dass es einsatztaktisch hoch aufwendig ist, Gebühren zu erheben und dass dies dem Zweck etwa der Wiederherstellung des fließenden Verkehrs entgegenstünde, ebenso einer kommunikativen, bürger:innenorientierten Einsatzphilosophie. Die Gewerkschaft der Polizei hat das sehr klar kritisch gestellt. Sowohl für die notwendige Personalienfeststellung als auch für das Eintreiben der Gebühren bräuchte es mehr Personal und der Effekt auf der Einnahmenseite ist – neben zusätzlicher Bürokratie – eher fragwürdig. Vor allem dann, wenn im Falle einer Klage gegen die Auflösung der Versammlung ein Streitwert von 5.000 Euro auflaufen würde, mit vollem Kostenrisiko bei allen Beteiligten.

Am Ende, auch das will ich nicht vorenthalten, waren sich die Anzuhörenden weitgehend einig, dass wir hier, ich sage es mal salopp, kostentechnisch mit Kanonen auf Spatzen schießen und wenn wir über Kostenerstattung reden, dann doch eher bei Hochrisikospielen im Fußball, aber nicht bei sich friedlich versammelnden Menschen, die Art. 20a GG, eine Klimaurteil des Bundesverfassungs-gerichtes und internationale Verträgen im Rücken wissen. Aufsummiert komme ich daher zu dem Schluss, dass es zwar eine Regelungsmöglichkeit gäbe, wir aber die Regelungsnotwendigkeit nach sorgfältiger Abwägung nicht teilen, die weitere Debatte darüber aber ausdrücklich begrüßen.

Zurück zum Pressearchiv