Michael Lühmann: Rede zum Antrag (AfD) zur "Nulltoleranzstrategie" gegen Klimaaktivist*innen

Rede TOP 7: „Verkehrswege, Infrastruktur und Kulturgüter schützen – Nulltoleranzstrategie gegen radikale Klimaaktivisten“ (Antrag AfD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehrt geehrte Damen und Herren,

was wir hier „beraten“ sollen, das ist schon eine politische und auch eine intellektuelle Unverfrorenheit, die ich nicht dadurch adeln möchte, sie (nochmals) Punkt für Punkt zu widerlegen, um damit rechten talking points ein Übermaß an Aufmerksamkeit zu schenken. Ich möchte deshalb im Anschluss an das bisher Gesagte vielmehr einordnen, was wir hier vorgelegt bekommen haben. Einen Antrag nämlich, der mehr Auskunft gibt über die Antragstellenden als über den Antrag selbst.

Meine Damen und Herren, wir haben die Debatte ja bereits geführt, auch im Innenausschuss, ob von Klimaaktivist:innen die hier unterstellte Gefahr ausgeht. Ob man Aktivist:innen der Letzten Generation, und darauf will der Antrag hinaus, als Extremist:innen bezeichnen sollte. Ob man sie behandeln sollte, wie schwerste Straftäter:innen oder Terrorist:innen. (Für diese ist Gewahrsam gemäß NPOG 18, 1 gedacht).

Ich denke, wir haben uns regierungsseitig klar zum Ausdruck gebracht, dass die Debatte jegliche Maßstäbe verloren hat. Und es ist schon eigenartig, dass es ein Satiriker war, der das Raunen von einer Klima-RAF weitgehend politisch unmöglich machte.

Und nun kommt hier so ein Antrag. Ausgerechnet von einer Partei mit sich wiederholenden Bezügen zu Rechtsterrorismus, wenige Tage nach einem gegen rechte Verschwörer gerichteten Anti-Terror-Einsatz.

Es ist offenkundig, dieser Antrag, der Klimaaktivismus in die Nähe von Terrorismus rückt, hat nur eine Funktion. „Eine Strategie aufrecht zu erhalten, so der Populismusforscher Marcel Lewandowsky vorgestern auf Twitter, „die auf einer „woken Linken“ als größter Bedrohung für die Demokratie basiert. Reichsbürger-Terror stört dabei.“ Kurzum: Es geht hier natürlich nicht um Kritik an Klimaaktivismus als Teil der legitimen und notwendigen demokratischen Debatte.

Sondern darum, mit einer Kanonade an Forderungen Klimaaktivismus zu kriminalisieren. Und dabei zugleich ein maximales Misstrauen gegenüber Polizei, Gerichten und unserer Rechtsordnung vorzubringen. Dabei hat doch der Anti-Terror-Einsatz gegen rechtsextreme Reichsbürger gezeigt, dass die polizeilichen Mittel ausreichen, wenn Demokratie angegriffen wird.

Werte Antragstellende, was Sie hier tun, ist unredlich. Sie erklären Menschen, die Politik zum Handeln auffordern, zu Feinden der Demokratie, während Sie Rechtsterroristen, verharmlosen, die Razzia als PR-Coup abtun und rechtsterroristische Bedrohung nicht sehen wollen. Das zeigt nur allzu plump, welche Strategie Sie hier fahren.

Ihr Antrag zeigt aber auch, dass Sie offenkundig Urteile des BVerfG entweder nicht kennen oder nicht verstehen. Ihre Definitionen von Extremismus und freiheitlich-demokratischer Grundordnung oder die Forderung nach dem Verbot der Letzten Generation zeigen, dass Sie die im zweiten NPD-Verbotsverfahren niedergelegten Prämissen des Bundesverfassungsgerichtes zur FdGO nochmals intensiv lesen sollten.

Das lohnt, den Hinweis erlaube ich mir als Demokratieforscher, auch deshalb, weil Sie zügig merken werden, dass Sie als Partei deutlich näher an einem Verbotsverfahren dran sind als die Letzte Generation.

Ich komme zum Schluss, was Sie hier mit Ihrem Antrag versuchen, ist am Ende ein formulierter Generalverdacht gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaften und Rechtsordnung, sie würden nicht angemessen reagieren. Überdies versuchen Sie das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit repressiv einzuschränken. Kurzum, in letzter Konsequenz setzen Sie auf rechten Autoritarismus.

Dass das zum Kern Ihrer Politik gehört, das müssen Sie mit solchen Anträgen nicht jeden Tag aufs Neue beweisen.

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